25. Februar 2020
Abwimmeln ließ sich Tobias R. nicht so leicht. Immer wieder habe der Mann im vergangenen Jahr bei der Detektei Kurtz, die unter anderem einen Sitz in Wuppertal-Barmen hat, angerufen und die dort tätigen Experten um Rat gefragt: Im Juni 2019 zum ersten Mal, dann weitere Male, im Oktober wohl immer drängender. Tobias R. fühlte sich offenbar "von allen Seiten verfolgt und war insbesondere der Überzeugung, dass die Welt von einer Geheimorganisation unter amerikanischer Führung geleitet werde, von der in Deutschland nur Angela Merkel und der Chef des Bundesverfassungsschutzes Kenntnis hätten", erzählt dieser Redaktion am Freitag Patrick Kurtz, ein Thüringer, der gerade von Wuppertal aus seine 30 Betriebsstätten starke Detektei mit Hauptsitz in Leipzig leitet. Kurtz wirkt glaubwürdig.
Die "sehr guten Behördenkontakte" der Detektei habe R. für einen Kontakt zum Bundesnachrichtendienst und "diversen anderen staatlichen Organisationen" nutzen wollen. Das Anliegen habe man abgelehnt. Dann habe es ein Treffen mit einem von Kurtz’ Ermittlern gegeben, dem Tobias R. ein selbst verfasstes Manifest vorgelegt habe. Angeblich genau jenes Manifest, das zwei Tage nach dem rassistischen Terror-Anschlag von Hanau, bei dem elf Menschen ums Leben gekommen sind, die Republik beschäftigt.
Soll heißen: Patrick Kurtz hat Kontakt zum Täter von Hanau gehabt, hat selbst mit ihm telefoniert. Und einer seiner Ermittler, der seinen Namen nicht genannt wissen will, habe sich am 24. Oktober vergangenen Jahres im Landhaus Dieckmanns in Dortmund mit Tobias R. getroffen. "Er ist neugierig geworden, weil Tobias R. absolut eloquent und intelligent wirkte. Er wollte herausfinden, ob wir nicht doch irgendwie tätig werden können", erzählt der 30 Jahre alte Kurtz am Freitag.
Im Termin in Dortmund sei schnell klar geworden, dass Tobias R., der mit "grauem Anzug, kurzen Haaren und gewählter Sprache" aufgetreten sei, unter Verfolgungswahn gelitten haben musste. "Wir haben solche Problemfälle fast täglich, aber man denkt natürlich nicht, dass dann einmal so eine Bluttat daraus entsteht", sagt Kurtz. Von einer Weitergabe des "Falls" an die Polizei habe die Detektei seinerzeit abgesehen. "Zumal Herr R. keinerlei Anzeichen von Gewaltbereitschaft zeigte."
Teile des Manifestes habe Tobias R. dem Ermittler in dem Dortmunder Landhaus vorgelesen. Die offen rassistischen Inhalte hätten dabei allerdings weniger eine Rolle gespielt. "Unser Ermittler hat das Manifest am Donnerstag nach dessen Veröffentlichung im Internet wiedererkannt. Danach haben wir unsere Kontakte geprüft und sind auf Tobias R. gestoßen", erzählt Kurtz. Vorwürfe, die Sache nach dem Treffen auf sich beruhen gelassen zu haben, macht sich der Detektei-Inhaber nicht. "Die Polizei würde uns nicht ernst nehmen, wenn wir jeden Spinner melden würden." Jetzt allerdings hat er sein Wissen über den Täter von Hanau selbstständig an die Polizei weitergegeben.
Patrick Kurtz hatte nie persönlich Kontakt mit Tobias R. Diverse Mitarbeiter der Detektei Kurtz hatten telefonischen Kontakt zum mutmaßlichen Täter von Hanau und einzig der Dortmunder Detektiv Holger E. traf sich persönlich mit ihm. Dabei tätigte Tobias R. keinerlei Äußerungen gewalttätigen, gewaltverherrlichenden oder fremdenfeindlichen Charakters.
Der Originalartikel von Olaf Kupfer erschien in der Westdeutschen Zeitung. Die Hervorhebungen (Fettschrift) und Verlinkungen auf dieser Seite können vom Original abweichen.
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